Äußerer Stadtring

Neugierde und ein gebrochenes Versprechen. Klingt nach einer deftigen Prise Schicksal. Und das war es auch. Nur eines kann ich dir versprechen, Gabriel wird nicht erfreut darüber sein. Das sehe ich. Aber nichts gravierendes. Nichts was den Hauptweg deines Schicksals grundsätzlich ändern würde.

Sie legte die Hände auf den Tisch.

Gabriel...
Karina legte eine Hand auf ihren Bauch.
"Ich weiß das es ihm nicht gefallen wird... Aber Neugierde ist eine
ziemliche Schwäche von mir..."

Mir ist jetzt schon ganz schlecht, wenn ich daran denke ihn wieder zu sehen...
Ich habe angst davor...

Das ist eine Schwäche und Natur JEDES Menschen. Deswegen wird er auch nicht so böse sein, als wenn du mit Vorsatz sein Haus niedergebrannt hättest. Rein als Beispiel, nicht das ich glauben würde, dass du so etwas machst.

Sie machte eine kurze Pause.

Sein Vater kommt ihm immer näher. Auch wenn er tot ist, hat er noch immer unglaubliche Macht. Aber er ist stark genug um ihm zu widerstehen.

"Sein Vater..."
Sie schaute die Frau an.
"War er nicht... von der Dunkelheit besessen?"

Immer noch lag ihre Hand auf ihrem Bauch und sie wurde langsam blasser.
Was ist das für ein... komisches... Gefühl...?

Garland... Er war noch so jung. Attraktiv, nett und charmant, als ich ihn kennen lernte. Doch schon bald war er von der Finsternis und dem Chaos überwältigt, bis er selbst dazu wurde.

Sie schaute auf Karinas Hand.

Du trägst bereits unsere Linie in dir, doch ich sehe ein Unwohlsein in dir. Was stimmt nicht?

"Ich habe angst... Die Schwangerschaft... schreitet zu schnell voran...

und immer wieder diese Albträume..."
gab Karina zu. Sie hatte genau das, wie auch die Schwangerschaft die Woche über
vor Gabriel versucht geheim zu halten.
"Es ist so... als würde etwas nach mir... rufen... nach mir verlangen..."

"Ich kann nie viel erkennen... Es ist oft so dunkel... und dann eine tiefe Stimme die mich ruft."
Sie hält kurz inne.
"Dann sehe ich Gabriel... Doch ich kann nicht nach ihm rufen sondern gehe in die Richtung aus der die Stimme kommt.
Dann sehe ich einen Mann in einer Rüstung mit einem finsteren Blick..."

Der Mann in der Rüstung ist entweder Garland... oder ein Blick in die Zukunft und es ist noch immer Gabriel, den du siehst. Vielleicht sogar beides. Auf die Stimme vermute ich beides.

Ihr Gesicht wurde nachdenklich.

Die Dunkelheit könnte entweder Angst, oder Unwissenheit bedeuten. Weiter weiß ich mir auch keinen Rat. Wie denkst du darüber?

Karina zitterte etwas.
"Ich weiß es nicht... Ich habe keine Ahnung von dunkel Mächten und sowas...
Diese Welt kenne ich erst seid ich Gabriel kennengelernt habe."
Sie wird still...
"Könnte es sein... das dieser Garland...vielleicht das... Kind will... weil er Gabriel nicht ...
bekommt?"
Sie stellte diese Frage ziemlich unsicher und zittrig.

Karina schaute nachdenklich auf den Tisch.
"Ich sollte zurück zum Haus."

Sie lachte.

Rein theoretisch gesehen bist du noch im Haus. Aber ich weiß ja, was du meinst. Du musst den gleichen Weg zurück nehmen, jedoch liegen keine Gefahren mehr darauf. Die Geister werden dich begleiten, ich denke der ein oder andere will dir noch etwas sagen. Hast du noch einen Wunsch den ich dir erfüllen kann, oder eine Frage?

Ihr Gesicht wurde plötzlich betrübt. Sie dachte kurz nach.

Nein. Ich will das er erstmal unbesorgt leben kann. Vielleicht bekomme ich noch die Möglichkeit mit ihm zu sprechen. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Und jetzt geh.

Ihre Gestalt verblasste und Karina war allein. Eine Tür hinter ihr öffnete sich und der Ritter, der sie eigentlich verfolgt hat stand dahinter, ohne Helm und ein entschuldigendes Lächeln im Gesicht.

"Tut mir leid, dass ich dir so einen Heidenschrecken eingejagt haben muss. Ich hasse es immer wieder das zu tun. Aber ich muss, es ist meine Verpflichtung. Ich werde dich aus diesem Raum hinaus begleiten. Im nächsten wartet meine Schwester. Ach ja, ich bin der Großvater der 32. Generation von Gabriel. Mein Name ist Thelsor."

Karina schaute zu dem Ritter und nickte.
"Verpflichtungen sind wichtig. Das weiß ich. Ich bin dir nicht böse."
Sie lächelte ihn an.

"So bist du ein Mädchen von Verstand, das lobe ich mir. Ich habe schon Mädchen kennengelernt, da war selbst ein halbes Laib Brot intelligenter. Aber du strahlst einen gewissen Intellekt aus, das gefällt mir. Gabriel traf eine gute Wahl."

Er ging mit ihr bis ans Ende des Raumes, dort wartete bereits ein anderer Geist.

Willkommen, mein Name ist Renea. Ich bin die Schwester von deinem Begleiter, der gerade verschwunden ist. Thelsor hat nie viel Gesprächspartner. Viele finden ihn zu alt und zu zornig. Doch er ist eigentlich ganz lieb und nett. Ich habe noch einen Rat für dich. Pass auf Gabriel auf. Wenn mit ihm irgendetwas nicht stimmt, dann musst du sofort etwas tun. Irgendwem Bescheid sagen, jemanden alarmieren. Verstehst du?

Sie ging los.

Karina ging neben ihr her.
"Wenn etwas mit ihm nicht stimmt? Wie meinen Sie das?"

Wenn er sich anders verhält. Jedes kleinste Detail welches nicht zu Gabriel passt könnte eine Ursache sein. Anderer Gang, langsameres Sprechen, alles, einfach alles. Du musst paranoid sein. Garland ist auf dem Vormarsch und er will Gabriel. Und ich weiß nicht ob Gabriel ihm lange widerstehen kann.

Sie hielt an, die Wand öffnete sich und der letzte Geist nahm Karina schnell an die Hand.

Jetzt aber Beeilung, du bist schon viel zu lang hier unten, die Väter werden sonst noch böse.

Er scheuchte sie die Treppe hoch.



Gabriel kam in das Haus, öffnete die Tür und legte seine Sachen ab.

KARINA? KAARIIIIINAA! rief er mit erschöpfter Stimme.

Wo ist sie, dass sie mich nicht hört?

Er schaute in ein paar Zimmer, ob sie einen Zettel da gelassen hätte, fand jedoch nichts.

Karina schloss ganz leise die Tür und tappste dann, noch immer etwas verwirrt zu Gabriel.

"Schrei doch nicht so. Hier bin ich doch."

"Ja es ist alles in Ordnung."
Sie schaut ihn dann etwas besorgt an.
"Und dir? Du siehst etwas blass aus."

Sollte ich es ihm sagen... Es wäre nur richtig ihm zu erzählen das ich im Keller war...

Gut. Ja ich hatte eine mehr oder weniger Begegnung mit meinem allzu verhassten Vater, daraufhin war mir übel. Aber das ist alles schon wieder weg.

Er lächelte.

Und was hast du in der Zwischenzeit gemacht?

"Achso...
Ich hab mich im Haus umgesehen."
Sie wirkte etwas nervös und seufzte.

Ich muss es sagen...

"Ich... ich war im Keller...

Ich weiß ich hatte dir versprochen nicht dort hinunter zu gehen und es tut mir auch sehr leid."
Sie wisch seinem Blick aus.

Sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich sehr ernst und jegliche positive Eigenschaft die bis eben noch darin zu sehen war verschwand. Aber dort war keine Wut über Karinas Tat, sondern es waren Spuren von Angst und Besorgnis. Seine Stimme war ebenfalls Todernst.

Ich habe dir nicht umsonst gesagt, dass du da nicht herunter gehen sollst. Warum hast du das getan? Ich hätte dir Tür absperren sollen... Da unten ist es gefährlich!

Auch wenn Karins weg sah, spürte sie dennoch, dass Gabriels Blick auf ihr lag.